An einem Berliner Amtsgericht beginnt das Verfahren gegen Alexander Zverev. Die Anklage lautet: häusliche Gewalt. Die wichtigsten Informationen im Überblick.
Ob er wohl persönlich vor Gericht auftaucht? Während Alexander Zverev in Paris die French Open spielt, beginnt am morgigen Freitag vor dem Amtsgericht Tiergarten in Berlin der Prozess gegen den 27-jährigen Tennisstar. Es geht um den Vorwurf der vorsätzlichen Körperverletzung: Bei einem Streit im Mai 2020 soll Zverev seine damalige Partnerin, das Model Brenda Patea, „kurzzeitig am Hals gewürgt“ haben. So heißt es in der Ankündigung zu dem Verfahren. Paris, Berlin – das Timing zu dem Prozess hätte kaum öffentlichkeitswirksamer ausfallen können.
Zverev bestreitet den Vorwurf. Auch das muss deutlich gesagt werden. Bis zu einer Verurteilung gilt die Unschuldsvermutung.
Was geschah in der Nacht vom 20. auf den 21. Mai 2020?
Die Vorwürfe sind nicht neu. Bereits im Oktober 2023 hatte das Amtsgericht in dieser Sache einen Strafbefehl gegen Zverev erlassen; er sollte 450.000 Euro Geldstrafe zahlen. Dann wäre der Fall erledigt gewesen, und es hätte gar nicht zu einem öffentlichen Prozess kommen müssen. Doch Zverev legte Einspruch ein. Allein deswegen gibt es nun diese Verhandlung. Der Sportler kann sich dabei durch Anwälte vertreten lassen, also weiter Tennis spielen, während gleichzeitig gegen ihn prozessiert wird.
Im Zentrum des Verfahrens stehen Vorgänge in der Nacht vom 20. auf den 21. Mai 2020, die angebliche Tat liegt also bereits vier Jahre zurück. Alexander „Sascha“ Zverev und Brenda Patea, die heute vorwiegend als Influencerin arbeitet, waren damals ein Paar. Die beiden haben eine gemeinsame Tochter, sie ist heute drei Jahre alt.
Der stern konnte Unterlagen einsehen
Der stern konnte den Strafbefehl sowie diverse Prozessunterlagen einsehen. Daraus ist ersichtlich: Während der Beziehung soll es wiederholt zu hitzigen Auseinandersetzungen gekommen sein. Und in jener Nacht dann zu Gewalt, so sagte es Patea in einer Videovernehmung aus. Zverev habe sie im Flur eines Apartmenthauses, in dem sie damals eine Airbnb-Wohnung angemietet hatte, gegen die Wand gedrückt und gewürgt. Noch Wochen später habe sie unter Schluckbeschwerden und Nackenschmerzen gelitten. Die Zverev-Seite weist das zurück: Die Schilderungen seien unwahr, der angebliche Übergriff könne sich gar nicht so abgespielt haben wie von Patea geschildert.
STERN PAID 48_23 Alexander Zverev häusliche Gewalt 20:15
Wie in den meisten Fällen von möglicher häuslicher Gewalt gibt es auch hier keine unmittelbaren Zeugen für das angebliche Geschehen. Niemand sah es mit an, es steht ihre Aussage gegen sein Dementi. Auch für mögliche Spuren – etwa Würgemale, wenn es sie denn gegeben haben sollte – fehlt offenbar eine Dokumentation. Zudem brachte Patea den Fall erst rund eineinhalb Jahre später im Zuge eines Sorgerechtsstreits zur Anzeige, die Zeit kann die Erinnerung beeinflussen. All das macht die Wahrheitsfindung heute so kompliziert. Alles hängt also davon ab, ob ihre Schilderungen glaubwürdig sind.
Gutachten spielen im Verfahren gegen Zverev eine große Rolle
Die Staatsanwaltschaft gab deshalb bei der renommierten Psychologin Renate Volbert ein so genanntes Glaubwürdigkeitsgutachten in Auftrag, um herauszufinden, ob Patea Teile des Hergangs – ob absichtlich oder irrtümlich – erfunden oder zumindest dramatisiert haben könnte. Durch dieses Gutachten sieht sich die Staatsanwaltschaft bei ihrer Anklage bestärkt.
Die Verteidigungslinie ist ebenfalls abzusehen: Zverevs Anwälte bringen ihrerseits Fachgutachten bei. Die sollen belegen, dass sich die angeblichen Handgreiflichkeiten keinesfalls so abgespielt haben können wie angezeigt. Darunter befindet sich die Bewertung des früheren Leiters der Charité-Rechtsmedizin, Michael Tsokos. Der kommt zu dem Schluss, ein „Würgen“ wie von Patea geschildert, hätte aus medizinischer Sicht deutliche Spuren am Hals des Opfers hinterlassen müssen. Doch die gab es offenbar nicht. „Es ist praktisch unmöglich, dass sich der Sachverhalt wie von der Anzeigenerstatterin behauptet zugetragen hat“, teilte die Verteidigung mit Blick auf das Tsokos-Gutachten bereits mit.
Es könnte ein langer Prozess werden, jedenfalls deutlich länger als die French Open laufen. Das Amtsgericht hat vorsorglich zehn Verhandlungstage festgesetzt. Bis weit in den Juli hinein. Offensichtlich geht die Richterin nicht davon aus, dass sich hier schnell ergründen lässt, was seinerzeit wirklich nachts im Hausflur eines Berliner Apartmenthauses passierte. Zwischen dem berühmten Tennisspieler Alexander Zverev, Deutschlands Nummer eins in diesem Sport, und dem Model Brenda Patea.