Aufarbeitungsprozess: Bischof Bätzing glaubt an Chance auf Reformen der Kirche

Beim Deutschen Katholikentag in Erfurt richten die Gläubigen ihre Blicke auf innerkirchliche, politische Themen und zum Himmel – des Wetters wegen.

Die katholischen Bischöfe sehen trotz Widerständen im Vatikan weiter eine Chance auf Reformen der Kirche in Deutschland. Dazu zähle die Mitsprache von Laien und die Weihe von Frauen zu Diakoninnen, sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, am Donnerstag beim Deutschen Katholikentag in Erfurt. Thema war dort erneut auch die Abgrenzung gegen die AfD. Zugleich machten den Organisatoren der starke Regen und die sehr schlechten Wetterprognosen Sorgen.

Der 103. Deutsche Katholikentag war am Mittwochabend eröffnet worden. Er läuft noch bis Sonntag, die Veranstalter erwarten mindestens 20 000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Für die Katholiken standen wieder einmal die Reformen ihrer Kirche ganz oben auf der Agenda – eine Diskussion von Bischof Bätzing mit der Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Irme Stetter-Karp, war am Donnerstagnachmittag überfüllt.

Bätzing sagte dabei, er erwarte, dass man auch Diakoninnen in der katholischen Kirche haben könne. „Aber bitte legen Sie mich nicht fest auf die Zeit.“ Papst Franziskus hatte jüngst in einem Interview die Frage verneint, ob ein katholisches Mädchen einmal die Möglichkeit haben werde, geweihte Diakonin zu werden. Bätzing sagte jedoch, er habe den Papst oft anders gehört. Vorpreschen mit der Weihe von Frauen werde man in Deutschland nicht. „Dann ist der Bruch geschehen“, sagte der Bischof von Limburg. „Das haben wir leider vor 500 Jahren erlebt.“

Stetter-Karp forderte erneut Tempo bei den Reformen. „Wir brauchen eine Kirche, die attraktiv ist, zu der sich Menschen hingezogen fühlen“, sagte die Chefin des Laienverbands. Im Kontext des Missbrauchsskandals sei irrsinnig viel Vertrauen verspielt worden. Stetter-Karp zitierte Umfragewerte, wonach sich 96 Prozent der Katholiken in Deutschland dringend Reformen wünschten. Und sie beschrieb ihre Frustration über zu geringe Fortschritte beim Reformprozess Synodaler Weg. Doch sagte sie auch: „Ich wäre wahrscheinlich nicht Christin oder könnte mich nicht so nennen, wenn ich nicht an Wandlung glauben könnte.“

Wie schwer sich die katholische Kirche mit Wandel tut, zeigte sich auch bei von einem gut besuchten Podium zur Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in der Kirche des Katholikentags. Dort kritisierte etwa Kirchenrechtler Thomas Schüller mangelnde Transparenz bei der Arbeit der Unabhängigen Kommission für Anerkennungsleistungen (UKA) der Bischofskonferenz. Die Kommission ist zuständig für die freiwilligen Zahlungen der katholischen Kirche in Deutschland an Missbrauchsopfer.

Der Sprecher der Betroffenen-Initiative „Eckiger Tisch“, Matthias Katsch, wiederum kreidete an, dass Bistümer nicht aus einem gemeinsamen Budget heraus die Anerkennungsleistungen zahlten. Reiche Bistümer würden so solidarisch ärmere unterstützten. Die ausgezahlte Summe für Betroffenen wäre nicht von den finanziellen Möglichkeiten des jeweiligen Bistums abhängig.

Ramelow gegen AfD auf Podien

Bei einem verregneten Besuch auf der Kirchenmeile auf dem Domplatz begrüßte Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) die Linie der Veranstalter, die AfD nicht zu Diskussionen einzuladen. „Es ist immer so, dass sie die Opferrolle dort spielen“, sagte Ramelow über AfD-Politiker und Politikerinnen. „Sie benutzen jede Einladung zum Dialog, um hinterher allen anderen deutlich zu machen, dass sie die Opfer sind. Und an einer derartigen Versuchsanordnung hat der Katholikentag offensichtlich kein Interesse.“

Der Katholikentag hatte vor Wochen die Entscheidung bekanntgegeben, die AfD nicht auf Podien zu laden. Der Erfurter Bischof Ulrich Neymeyr verteidigte dies zum Auftakt noch einmal. Beim Gottesdienst zum katholischen Hochfest Fronleichnam betonte Neymeyr: „Den Einsatz für Gerechtigkeit und Frieden – wir brauchen ihn dringend, im gesellschaftlichen wie im politischen Raum.“

Auch die politische Situation in anderen Ländern interessiert auf dem bis Sonntag laufenden Gläubigentreffen. So ist die Menschenrechtsaktivistin Irina Scherbakowa bei verschiedenen Formaten zu Gast. Die Friedensnobelpreisträgerin und Mitgründerin der russischen Menschenrechtsorganisation Memorial verwies auf die Situation in ihrem Heimatland und warnte vor den Gefahren für eine freiheitliche Gesellschaft, wenn Menschen den Glauben an verlässliche Institutionen verlieren.

Sorgenvoller Blick aufs Wetter

Mit Sorge blickten die Veranstalter auf Wetterprognosen für die nächsten Tage. Erwartete Dauerniederschläge können nach Angaben des Deutschen Wetterdiensts in Erfurt am Wochenende von Starkregen und Gewitter begleitet werden. Die Organisationsleitung stehe in ständigem Kontakt mit dem DWD, sagte eine ZdK-Sprecherin. Sobald eine bedrohliche Lage bekannt werde, werde reagiert. Gegebenenfalls müssten Open-Air-Veranstaltungen abgesagt oder verlegt werden. Bislang sei dies aber noch nicht geschehen. Teilnehmerinnen und Teilnehmer erhielten über die Katholikentags-App entsprechende Infos.

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