Wieder gibt es Streit um die Jagd in Brandenburg. Diesmal geht es unter anderem um Nagetiere. Finden CDU und Grüne eine Einigung im Clinch um die Jagdverordnung?
Im Brandenburger Koalitionsstreit um die neue Jagdverordnung dringt Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) auf eine rasche Lösung. Doch das Hickhack zwischen CDU und Grünen vier Monate vor der Wahl geht auf offener Bühne weiter. Streit entzündet sich unter anderem daran, wie künftig die Zahl von Nutrias und Bisams verringert werden soll. Totschlagfallen sind nach der neuen Jagdverordnung, die am 1. Juni inkraftrreten soll, verboten.
Es gehe um Wahlkampfmanöver, obwohl es klare Absprachen zu den Änderungen in der Jagdverordnung gegeben habe, sagen die Grünen. Die CDU kritisierte wiederum, Agrarminister Axel Vogel (Grüne) habe Vereinbarungen im Koalitionsausschuss nicht eingehalten. Einer Rücktrittsforderung des Landesjagdverbandes will sich CDU-Fraktionschef Jan Redmann aber nicht anschließen. Vogel bleibt dabei: Er werde die Verordnung nicht stoppen. Die Kritik sei Unfug.
Woidke erwartet Lösung bis Donnerstag
Im Kabinett sei am Dienstag festgelegt worden, dass sich die betroffenen Ressorts – das Agrarministerium, das für Tierschutz zuständige Ministerium und das Innenministerium – kurzfristig mit der Verordnung und einem hierzu gehörenden Rundschreiben des Agrarministeriums befassen, teilte Regierungssprecher Florian Engels auf Anfrage mit. „Der Ministerpräsident erwartet, dass bis Donnerstag ein gemeinsamer Lösungsvorschlag vorliegt.“
Jägertage am Wochenende
Ob die Streithähne sich einigen können? Vertreter der Koalitionsparteien SPD, CDU und Grüne werden jedenfalls an diesem Wochenende bei den Jägern in Paaren/Glien erwartet, wie der Landesjagdverband am Mittwoch ankündigte. Er kommt dort zu seiner Delegiertenversammlungen und den Brandenburger Jägertagen (1./2. Juni) zusammen.
Gegenseitige Vorwürfe der Spitzenkandidaten von CDU und Grünen
Nachdem der Jagdverband Vogel zum Rücktritt aufgefordert hatte, verlangte die CDU, Vogel solle die Verordnung noch rückgängig machen. Andernfalls müsse sich Ministerpräsident Woidke einschalten, sagte CDU-Landtagsfraktionschef Jan Redmann am Dienstag. In dem Streit geht es auch um den Vorwurf, der Minister beziehe die Verbände zu wenig ein. Der Ökologische Jagdverein nimmt Vogel in Schutz und kritisierte in der „Märkischen Allgemeinen Zeitung“ den Jagdverband scharf.
Die Spitzenkandidatin der Grünen für die Landtagswahl, Antje Töpfer, sagte: „Die Solidarisierung der CDU mit dem Landesjagdverband muss man als Wahlkampfmanöver verbuchen. Es gab klare Absprachen zur Jagddurchführungsverordnung in der Koalition. Die wurden eingehalten. Die CDU hat das mitgetragen.“ Alle vorgeschriebenen Gremien seien beteiligt worden. „Auch wenn die CDU im Wahlkampf davon nichts mehr wissen will. Die Jagddurchführungsverordnung kommt wie besprochen.“
Daraufhin legte CDU-Fraktionschef und Spitzenkandidat Redmann am Mittwoch nach: „Die Jagddurchführungsverordnung entspricht nicht den Absprachen in der Koalition. Insbesondere im Hinblick auf die Bejagung von Bisams und Nutrias zum Schutz der Deiche wurden andere Regelungen getroffen.“ Außerdem müssten alle Ministerien beteiligt werden, wenn mehrere betroffen seien, das für Waffenrecht zuständige Innenministerium sei aber nicht einbezogen worden, hatte Redmann bereits am Dienstag gesagt.
Vogel: Jäger können sich weiter an Entnahme von Nutrias und Bisams beteiligen
Bisams und Nutrias sollen aus der Lise der jagbaren Arten wieder rausfallen. Gewässerunterhaltungsverbände, die angestellte Bisam-Fänger haben, sollen das Management künftig koordinieren, so das Agrarministerium. „Dies wird verständlicherweise zu dramatischen Einbrüchen bei den Abschusszahlen dieser beiden Tierarten führen“, kritisierte der Landesjagdverband. Die Jäger könnten sich in ihren Revieren aber sehr wohl weiter an der Entnahme von Bisams und Nutrias beteiligen, betonte dagegen Vogel. Totschlagfallen dürfen sie – wie bereits in etlichen Bundesländern – nicht mehr nutzen. Es gehe nun darum, eine „gute Ausführungsbestimmung“ für die Entnahme dieser Nagetiere zu schaffen, so Vogel.
Kritiker der Totschlagfallen bemängeln unter anderem, dass nicht gewährleistet sei, dass Tiere schnell getötet werden, sondern sie verletzt würden und leiden. Nutrias und Bisams können Löcher in Uferbereiche und Deichanlagen graben und damit dem Hochwasserschutz schaden.
Aus Sicht von Agrarminister Vogel, der die Vorwürfe zurückweist, bekommt der Tierschutz mit der geänderten Verordnung eine größere Bedeutung. Er sagte auf die Forderung, sie zurückzunehmen: „Das werde ich nicht machen.“ Auch mit der CDU sei die Verordnung abgestimmt worden. „Herr Redmann war mit dabei“, sagte Vogel.
Zudem geht es in der neuen Verordnung unter anderem um geänderte Jagdzeiten etwa für Hirsche und Rehe. Der Landesjagdverband hatte Vogel „ideologische Scheuklappen“ vorgeworfen und kritisiert, er missachte Beteiligungsverfahren und den Landesjagdbeirat. Eine Novelle des Jagdgesetzes war zuvor wegen langer Querelen und trotz Überarbeitung gescheitert.
Der stellvertretende Landesvorsitzende des Ökologischen Jagdvereins, Eckhard Fuhr, sagte der „Märkischen Allgemeinen Zeitung“: „Dem Jagdverband geht es nicht um die Sache. Er will verhindern, dass dem Minister irgendetwas gelingt. Er will klarmachen, wer in Sachen Jagd das Sagen in Brandenburg hat.“ Der Jagdverband sehe einen Angriff auf „seine heiligen Besitzstände“. Zur Rücktrittsforderung sagte Fuhr: „Das ist ein völlig überzogenes Maulheldentum des Landesjagdverbands.“