Der Handels- und Dienstleistungskonzern hat zwar erneut einen dreistelligen Millionenverlust eingefahren. Doch Vorstandschef Birken ist zufrieden und nennt die Gründe.
Nach hohen Gewinnen während der Corona-Pandemie und bereits eingeleiteten Schritten sieht sich die Hamburger Otto Group trotz eines zweiten Verlustjahres in Folge „hervorragend aufgestellt“. Der Vorstand um Konzernchef Alexander Birken gab sich am Mittwoch in Hamburg bei der Präsentation der Geschäftszahlen und eines Verlustes in dreistelliger Millionenhöhe gut gelaunt. Denn der gesamte Markt befinde sich mit seinen zahlreichen Insolvenzen im Handelsbereich in einer außerordentlich schwierigen Situation, und Otto stehe im Vergleich dazu noch sehr gut da, sagte Birken: „Wir haben eine starke Eigenkapitalquote von 34 Prozent und sind in der Lage, unsere Zukunft selbst zu gestalten. Deswegen erleben Sie uns gut gelaunt, aber nicht in einer Hurra-Stimmung.“
Im Vergleich zum Geschäftsjahr 2022/23 mit einem Minus von 413 Millionen Euro hat die Otto Group ihre Verluste im vergangenen Geschäftsjahr (Ende Februar) noch einmal auf 426 Millionen Euro erhöht. Während der Corona-Pandemie hatte der Dienstleistungs- und Handelskonzern dagegen noch prächtig verdient – 1,8 Milliarden im Geschäftsjahr 2021/22 sowie 971 Millionen Euro im Geschäftsjahr 2020/21.
Grund für den neuerlichen Verlust sind nach Unternehmensangaben das weiterhin angespannte makroökonomische und geopolitische Umfeld, das hohe Zins- und Inflationsniveau sowie die nachhaltig eingetrübte Verbraucherstimmung. Birken sagte, die Lage und die Herausforderungen seien nicht leichter geworden. Die Otto Group habe jedoch „richtig solide Arbeit“ geleistet, das operative Ergebnis sei besser, die Schulden seien weniger geworden. „Wir sehen uns im Augenblick hervorragend aufgestellt in den unterschiedlichen Geschäftsmodellen im Wettbewerb auf der einen Seite, aber auf der anderen Seite auch für die Zukunft, dass wir nachhaltig erfolgreich wirtschaften können.“
Birken betonte, Otto strebe kurzfristig – und nicht erst in drei oder vier Jahren – wieder schwarze Zahlen an. „Und wir sind auch vorsichtig optimistisch, dass wir es erreichen können.“ Konkret rechnet er mit einer Steigerung des Ergebnisses vor Zinsen und Steuern (EBIT) auf einen maximal mittleren dreistelligen Millionenbetrag.
Finanzvorständin Petra Scharner-Wolff sagte, der Gesamtumsatz der Otto Group sei 2023/24 um sechs Prozent auf 15 Milliarden Euro gesunken. Ein Grund dafür sei, dass Otto unter anderem im vergangenen Jahr den Spielzeughändler MyToys sowie den belgischen Versandhändler Unigro aufgegeben habe. Im Inland habe der Konzern einen Umsatz von 8,5 Milliarden Euro, im Ausland von 6,5 Milliarden Euro erreicht. Scharner-Wolff betonte, dass es bereits bei vielen Gesellschaften einen selektiven Einstellungsstopp gebe, dass die Marketingkosten genau angesehen würden und einige Preise erhöht worden seien.
Birken betonte bei seiner letzten Bilanzpressekonferenz als Vorstandsvorsitzender – er übergibt im kommenden Jahr seinen Chefsessel an Scharner-Wolff und wechselt an die Spitze des Aufsichtsrats – die demokratische Grundordnung als Garant für Entwicklung und Wohlstand. „Die Otto Gruppe profitiert von diesem Standort hier in Deutschland, in Europa von den stabilen Rahmenbedingungen, die wir haben.“ Wer die Grundordnung infrage stelle, „der gefährdet (…) nicht nur unser politisches Leben und Wesen in Deutschland und in Europa, sondern auch unsere Volkswirtschaft“, sagte Birken und forderte die Menschen auf, am 9. Juni bei der Europawahl mitzumachen.
Die 1949 gegründete Otto Group hat derzeit nach eigenen Angaben rund 38.500 Beschäftigte und ist mit 30 Unternehmensgruppen vornehmlich in Deutschland, anderen europäischen Staaten und den USA präsent. Ihre Geschäftstätigkeit erstrecke sich unter anderem auf Plattformen, Markenkonzepte und Finanzdienstleistungen. Mit einem Online-Umsatz von fast 10,8 Milliarden Euro zählt Otto zu den weltweit größten Onlinehändlern.