Unsere Autorin ist überrascht, welche Schätze sich in den Vitrinen der (Groß-)Eltern verbergen. Besonders angetan haben es ihr Römer Gläser. Was diese besonders macht, wie Sie die Echtheit überprüfen und was die Weinkelche mit Rom zu tun haben.
Als Kind habe ich nie verstanden, wieso Eltern und Großeltern Gläser besitzen, die im Schrank stehen und nie benutzt werden dürfen. Zu schade dafür, hieß es bei Nachfragen. Und ich dachte: Schade ist, dass ihr für die unnützen Dinger Geld ausgegeben habt. Absolute Heiligtümer waren immer die sogenannten Römer Gläser. Die bunten Noppen des Kristallglases glitzerten allerhöchstens zu Weihnachten im Tageslicht. Die restliche Zeit verstaubten sie in der Vitrine. Heute weiß ich: zurecht.
Römer Gläser: Was macht sie so besonders?
Römer Gläser erkennt man sofort: hoch und schlank, mit einem kelchförmigen, breiten Rand, der auf einem elegant verzierten Stiel thront. Der Stiel ist entweder glatt oder gerippt, aber immer kunstvoll und endet in einer breiten, stabilen Basis. Diese Gläser kommen oft mit aufwendigen Mustern daher. Und die Farben? Es gibt alles von kristallklar bis zu sattem Smaragdgrün oder funkelndem Kobaltblau.
Mittlerweile bin ich selbst in Besitz von Römer Gläsern. Und auch bei mir gibt es eine Hausregel: anfassen verboten! Und ich sage Ihnen, warum: Die Dinger sind schweineteuer. Für den Preis eines einzigen Glases flog ich im vergangenen Jahr nach Portugal, bis zu 200 Euro kostet ein Kelch nämlich. Und so ergab nun alles Sinn – kein Wunder, dass Oma sie nur für „besondere Anlässe“ herausholen wollte. Ich fragte mich allerdings: Was macht die bunten Kelche so teuer wie Flüge in den Süden Europas?
Was rechtfertigt den Preis?
Die Herstellung von Römer Gläsern ist ein aufwendiger und kunstvoller Prozess, der sowohl technisches Geschick als auch künstlerisches Talent erfordert. Zunächst wird Rohglas, das aus einer Mischung aus Quarzsand, Soda und Kalk besteht, in einem Ofen bei sehr hohen Temperaturen geschmolzen. Sobald das Glas eine flüssige Konsistenz erreicht hat, wird es von einem Glasbläser mit einer langen, hohlen Pfeife aufgenommen. Durch Blasen und Drehen der Pfeife wird das Glas in die gewünschte Form gebracht.
Anschließend wird das Glas mit verschiedenen Techniken verziert. Dies kann das Einlegen von Glasfäden, das Auftragen von farbigen Glasstücken oder das Gravieren und Schleifen von Mustern umfassen. Diese Verzierungen erfordern eine ruhige Hand und präzise Arbeit, da das Glas während des gesamten Prozesses bei kontrollierten Temperaturen gehalten werden muss, um Spannungen und Risse zu vermeiden.
So aufwendig ist die Herstellung
Nachdem die Formgebung und Verzierung abgeschlossen sind, werden die Gläser langsam abgekühlt, um ihre Struktur zu stabilisieren. Dieser Prozess, das sogenannte „Abkühlen“, kann mehrere Stunden bis Tage dauern, je nach Größe und Komplexität des Stücks. Am Ende steht ein kunstvoll gestaltetes Römerglas, dessen Wert echte Liebhaber, Liebhaberinnen und Sammler sowie Sammlerinnen zu schätzen wissen.
Die Beliebtheit und Besonderheit der Römer Gläser liegen in ihrer Eleganz und der feinen Handwerkskunst, die in jedem Stück steckt. Sie sind nicht nur funktionale Trinkgefäße, sondern auch Kunstwerke, die in jeder Tischdekoration hervorstechen. Die Gestaltung und die oft sehr detaillierten Verzierungen machen sie zu begehrten Sammelobjekten. Zudem haben Römer Gläser eine lange Tradition.
Was haben die Alten Römer damit zu tun?
Der Name „Römerglas“ hat absolut nichts mit den Alten Römern zu tun, auch wenn man das vielleicht vermuten könnte. Römer Gläser gibt es seit dem 16. Jahrhundert. Vom Alten Rom spricht man in der Zeit von 200 vor bis 480 nach Christus. Warum aber heißen die dann so? Der Name stammt tatsächlich vom niederdeutschen Wort „römen“ ab, was „rühmen“ bedeutet. Ein Römerglas ist also ein „Ruhmglas“ oder sinngemäß ein „Prunkglas“, heißt es in einem Artikel der NZZ.
Wie bei den meisten wertvollen Dingen ziehen auch Römer Gläser Fälscher und Fälscherinnen an wie Magneten. Aber keine Sorge, hier sind ein paar Tricks, wie Sie die echten Schätze von den Nachahmungen unterscheiden können. Ein echtes Römerglas erkennen Sie schon an den Farben: Diese Gläser strahlen in klaren oder satten Tönen, von Smaragdgrün über Rubinrot bis Kobaltblauund vielen weiteren. Fälscher und Fälscherinnen neigen dazu, es ein wenig zu übertreiben oder die Farben wirken einfach nicht so tief und satt. Wenn das Glas aussieht, als hätte es jemand in eine billige Farbmischung getaucht, sollten Sie skeptisch werden.
Gerippt oder glatt: Der Stiel eines Römer Glases ist ein wahres Kunstwerk.
Römer Gläser: Daran erkennen Sie die Echtheit
Dann gibt es die Verzierungen. Echtes Römer Glas zeigt oft feine Gravuren und Muster, die aussehen, als hätte ein Miniatur-Picasso daran gearbeitet. Wenn die Verzierung eher aussieht, als hätte jemand mit einer stumpfen Gabel darauf herumgekratzt, könnte es sich um eine Fälschung handeln.
Ein weiterer Hinweis ist der Stiel des Glases. Der Stiel eines Römerglases ist ein wahres Kunstwerk für sich – ob gerippt oder glatt, er sollte stets elegant und perfekt proportioniert sein. Wenn der Stiel schief aussieht, dann halten Sie wahrscheinlich kein echtes Römer Glas in der Hand.
Warum Sie Römer Gläsern zuhören sollten
Das Gewicht des Glases ist ebenfalls ein guter Indikator. Römer Gläser sind meistens gut ausbalanciert und etwas schwerer als herkömmliche Weingläser. Wenn es sich anfühlt, als hätten Sie ein Cola-Glas in der Hand, stimmt etwas nicht. Außerdem sollten Sie ganz genau hinhören: Klopfen Sie sanft gegen das Glas und lauschen Sie dem Klang. Ein echtes Römer Glas hat einen klaren, melodischen Ton. Klingt es eher nach einer blechernen Schelle, dann haben Sie wohl einen Blender erwischt.
Und dann gibt es noch den Preis. Wenn Ihnen jemand ein Römer Glas zum Schnäppchenpreis anbietet, seien Sie skeptisch. Echtes Römer Glas hat seinen Preis und kommt nicht aus der Ramschkiste. Wenn Sie sich dennoch unsicher sind, fragen Sie einen Experten oder eine Expertin. Diese Leute haben das Auge und das Wissen, um echte Kunstwerke von Fälschungen zu unterscheiden. Ich jedenfalls vertraue dem Expertenwissen meiner weisen Familienmitglieder und halte die guten Stücke in Ehren – verschlossen in einer Vitrine, versteht sich.
Tipp: Sie können sich natürlich auch ganz bewusst für unechte Römer Gläser aus gepresstem Material entscheiden. Denn sind wir ehrlich: Originale sehen zwar wirklich hübsch aus, sind aber auch verdammt teuer und machen nervös, sobald man sie in fremde Hände gibt. In Online-Shops finden Sie günstige und schöne Alternativen.
Quellen: „Römer aus Theresienthal„, „Kleinanzeigen„
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