Der Tod eines jungen Flüchtlings im September 2022 sorgte bundesweit für Entsetzen. Bei dem Polizeieinsatz in Dortmund fielen Schüsse. Der Schütze wendet sich nun an die Familie.
Im Prozess um tödliche Polizeischüsse auf einen jungen Flüchtling in Dortmund hat erstmals einer der Angeklagten sein Bedauern ausgedrückt. Nach seiner über einer Stunde dauernden Aussage und Befragung vor dem Landgericht Dortmund richtete der 30-jährige Polizeibeamte seine Worte direkt an die als Nebenkläger anwesenden Brüder des Opfers.
„Ich spreche der Familie mein Mitgefühl aus. Ich bin für den Tod verantwortlich. Es trifft mich sehr und macht mich traurig. Ich kann mir nicht vorstellen, was es bedeutet, ein Familienmitglied zu verlieren“, sagte der seit September 2022 suspendierte Beamte. Er erwarte nicht, dass die Familie ihm verzeihe. Er habe das Gesicht des Jungen jeden Tag vor Augen. Bei seiner Berufswahl habe er immer gehofft, dass er nie in so eine Situation komme, sagte der Beamte.
Der Anwalt der Nebenkläger, Thomas Feltes, begrüßte die Erklärung. Darauf habe die Familie gewartet. Das 16-jährige Opfer starb kurz nach der Schussabgabe im Krankenhaus.
Bei der Schilderung des Einsatzes am 8. August 2022 blieb der wegen Totschlags angeklagte Beamte wie der Einsatzleiter bei einem früheren Prozesstag bei seiner Einschätzung. Die Schüsse seien gefallen, weil der 16-jährige Senegalese in hohem Tempo mit einem Messer in der Hand auf seine Kollegen zugelaufen sei. Für einen Warnschuss sei keine Zeit gewesen, sagte er auf Nachfrage. Zuvor hatte Mouhamed Dramé mit einem Messer auf sich selbst gerichtet in einem Innenhof einer Jugendhilfeeinrichtung gehockt. Mit dem Einsatz von Pfefferspray hatten zwei Beamte zuvor versucht, ihn zu entwaffnen. Das Landgericht Dortmund muss klären, warum die zunächst statische und als Suizidversuch eingeschätzte Lage eskalierte.
Angeklagt sind auch der 55-jährige Einsatzleiter, zwei Polizistinnen (29 und 34 Jahre) und ein weiterer Polizist (34). Während Letzteren gefährliche Körperverletzung im Amt durch den ungerechtfertigten Einsatz von Pfefferspray und Tasern vorgeworfen wird, legt die Staatsanwaltschaft dem Vorgesetzten Anstiftung dazu zur Last.