Psychologin rät: Nur Zoff und Vorwürfe? Tipps, die helfen, die Beziehung zur Mutter zu verbessern

Die Beziehung zwischen Mutter und Kind ist oft nicht so rosig, wie sich das viele wünschen. Statt von Harmonie ist das Zusammensein dann von Streit und Vorwürfen geprägt. Wie man es schafft, das Verhältnis zu verbessern, erklärt Psychologin Uta Fröhlich.  

Kaum ist man zur Tür rein, schon kracht es. Mutter und Kind, längst erwachsen, zoffen sich wie die Kesselflicker. Statt sich darüber zu freuen, Zeit miteinander zu verbringen, haut man sich gegenseitig die Vorwürfe um die Ohren. Der stern hat bei Dr. Uta Fröhlich nachgefragt, warum sich ausgerechnet Mutter und Kind oft so schwer damit tun, einander zu verstehen. Sie ist Psychologin und Coach für emotionale Krisen und erlebt in ihrer Praxis in Bad Schönborn immer wieder „zerrüttete“ Beziehungen zwischen Mutter und erwachsenem Kind. Sie sagt: „Die perfekte Mutter-Kind-Beziehung gibt es nicht.“ Wie man es trotzdem schafft, ein gutes Verhältnis aufzubauen? Elf Tipps von der Expertin, die dabei helfen können.

Mutter-Kind-Beziehung verbessern – diese Tipps helfen dabei

Auf Augenhöhe begegnen

In der Idealvorstellung begegnen sich Mutter und erwachsenes Kind auf Augenhöhe. Dazu gehöre, so Psychologin Uta Fröhlich, dass sich beide Seiten eingestehen, dass das frühere Kind-Erwachsenen-Verhältnis nicht mehr existiert. Auch Töchter und Söhne werden irgendwann erwachsen und sind nicht mehr auf ständige Unterstützung angewiesen. Damit entfällt für die Mutter auch die Notwendigkeit, ständig belehren und anleiten zu müssen. Gleichzeitig sollte das Kind aber auch nicht wieder ins Kindliche verfallen, sobald es das Elternhaus betritt und sich von vorne bis hinten bedienen oder unterbuttern lassen. Vielleicht haben sich die Rollen inzwischen sogar gedreht und die Mutter ist zunehmend auf die Hilfe des Kindes angewiesen. Für eine gute Kommunikation ist es wichtig, dass sich beide Seiten als Erwachsene gleichermaßen ernst nehmen – unabhängig davon, „dass man Kind und Mutter ist und das natürlich bleibt“.PAID STERN 2019_13 Interview Therapeutin 16.60

Offene Kommunikation

Dialoge zwischen Mutter und Kind können oft festgefahren sein und sich schnell zu einem Schlagabtausch der Vorwürfe entwickeln. Psychologin Fröhlich empfiehlt bei sich zu bleiben, die eigenen Gedanken und Gefühle anzusprechen, Vorwürfe zu vermeiden. Wie geht es mir in einer Situation? Was wünsche ich mir? Was fehlt mir? Ich-Botschaften können bei der gewaltfreien Kommunikation helfen. 

Der gute Wille

Ohne den guten Willen wird es nichts. Beide Seiten müssen bereit dazu sein, sich auf eine offene Kommunikation einzulassen. „Ansonsten macht einer dicht und es wird schwierig, ein Gespräch zu führen“, erklärt Fröhlich. 

Beobachterrolle einnehmen

Man könne sich einen Vorwurf vorstellen wie einen Ball, so Fröhlich. Wird er einem entgegen geschleudert, kann er uns treffen und verletzen. Es könne helfen, sich diesen Ball wie einen Klettball vorzustellen, den man mit einer Fangscheibe auffangen kann. Der Trick sei, in dem Moment, in dem man den Ball (Vorwurf) gedanklich abgefangen habe, in eine Beobachterrolle zu schlüpfen und sich dadurch etwas Abstand von der Situation zu schaffen. „Anstelle auf einen Vorwurf mit einem Vorwurf zu reagieren, kann man versuchen, dem Vorwurf auf den Grund zu gehen“, sagt die Psychologin. „Ist der Vorwurf, dass das Kind zu selten da ist, kann man zum Beispiel nachfragen, woher das Gefühl kommt: Warum glaubst du, dass ich nie da bin? Und etwas entgegensetzen wie: Ich bin jetzt doch da.“ Durch das Fragen und Entgegensetzen könne eine Vorwurfs-Kette möglicherweise durchbrochen werden und ein Gespräch auf Augenhöhe wieder hergestellt werden.

Erwartungen ansprechen

Streit entsteht oft dadurch, dass einer den Erwartungen des anderen nicht gerecht wird. Daher ist es sinnvoll, dass beide Seiten ihre Erwartungen einmal auf den Tisch bringen, damit ausgelotet werden kann, welche tatsächlich erfüllt werden können und von welchen man sich verabschieden sollte.Eltern Verbindung 09.14

Flexibilität

Besuchen Kinder ihre Eltern oder Eltern ihre Kinder kann es zu Reibereien kommen. Besonders, wenn es sich um längere Besuche handelt. Ein Grund dafür ist, dass Routinen aufeinanderprallen – angefangen bei Essenszeiten bis hin zum Erziehungsstil – und notwendige Anpassungen nicht stattfinden. „Gerade ältere Generationen tun sich schwer, eingeschliffene Abläufe umzustellen. Schon Kleinigkeiten können dann zum Streit führen“, so Fröhlich. Ein bisschen Abstand und Flexibilität können viel bewirken.

Nähe und Distanz

Die einen bauen im Garten der Eltern ihr Eigenheim, andere ziehen Tausende Kilometer weit weg. Wie viel Nähe und wie viel Distanz die richtige ist, muss jeder für sich selbst herausfinden. Emotionale Nähe hat nichts mit geografischer Nähe zu tun oder damit, wie oft man einander sieht. Wichtig ist, für sich das richtige Maß zu finden. „Wenn ich die Freiheit habe zu kommen und zu gehen, wann ich will, dann kann eine Beziehung gedeihen“, so Fröhlich.

Gemeinsame Aktivitäten

Kommunikationsprobleme können Beziehungen belasten. Aber reden ist nicht alles. Eine gemeinsame Basis lässt sich auch durch gemeinsame Aktivitäten herstellen. Indem man etwas miteinander unternimmt, können gemeinsame Erfahrungen gemacht, neue Erinnerungen geschaffen werden. Gleichzeitig wird neuer Stoff für Gespräche gesammelt. „Abseits von dieser Meta-Kommunikation, in der man nur Probleme wälzt, einfach mal etwas zusammen zu unternehmen, kann sehr heilsam sein“, sagt die Psychologin. Dadurch könne eine andere Basis entstehen, durch die es vielleicht auch möglich ist, noch einmal neu in der Kommunikation anzusetzen.

Umarmen

Manchmal fehlen einem die Worte, man fühlt sich missverstanden, redet aneinander vorbei. Eine Umarmung zwischendurch kann helfen, um zu zeigen, dass man sich dem anderen trotz allem verbunden fühlt. Fröhlich: „Das sind Gesten der Gemeinsamkeit, der Nähe.“Neuer Inhalt

Wertschätzung

Oft genug werden in Gesprächen zwischen Mutter und Kind Probleme gewälzt, Enttäuschungen durchgekaut. Eine Möglichkeit aus der Spirale aus Anschuldigungen und Vorwürfen herauszukommen, ist laut Fröhlich, sich auch einmal auf das zu besinnen, was man an dem anderen schätzt – und dies auch mitzuteilen. Ebenfalls könne es hilfreich sein, sich in einer schwierigen Situation einen Moment der Reflektion zu nehmen und sich zum Beispiel daran zu erinnern, dass man dankbar ist, Eltern zu haben.

Vergebung

Es ist möglich, dass in einer Familie Dinge vorfallen, die eine Partei nicht verzeihen kann. Niemand ist verpflichtet, die Beziehung zu seinen Eltern aufrecht zu erhalten. Wenn man das aber trotz allem möchte, müsse man bereit sein, zu vergeben und wieder kleine Schritte aufeinander zuzumachen. Schließlich gibt es die Mutter-Kind-Beziehung so nur einmal im Leben.“

Hilfe suchen

Ein problematisches Verhältnis zwischen Mutter und Kind kann extrem belastend sein. Manchmal schaffen Mutter und Kind es aber nicht aus eigener Kraft, eine Beziehung aufzubauen, in der eine vernünftige Kommunikation möglich ist. Fröhlich plädiert dafür, sich in solchen Situationen Hilfe zu holen. „Paar- und Eheberatung sind gängig. Ich würde mir wünschen, dass es das auch für die Familienberatung wird“, so Fröhlich.