Reichsbürger-„Gruppe Reuß“: Maximilian Eder verstrickt sich im Interview zu Anschlagsplänen in Widerspruch

Maximilian Eder steht ab Dienstag in Frankfurt als angeklagter Gründer der mutmaßlichen Reichsbürger-Terrorgruppe um Prinz Reuß vor Gericht. Vorab gab er dem stern im Gefängnis ein Interview.

Kurz vor dem Frankfurter Prozess gegen führende Köpfe der Reichsbürger-„Gruppe Reuß“ hat sich einer der Hauptanklagten zu den mutmaßlichen Anschlagsplänen in einen Widerspruch verstrickt und Mitangeklagte belastet. Der stern führte mit dem ehemaligen Bundeswehroberst Maximilian Eder ein Interview im Gefängnis. Eder bestätigte dabei wesentliche Vorwürfe der Anklage.

Eder gab gegenüber dem stern zu, dass er zusammen mit der ehemaligen AfD-Bundestagsabgeordneten Birgit Malsack-Winkemann und zwei Veteranen im August 2021 die Parlamentsgebäude in Berlin erkundet hatte. Allerdings nicht, um einen bewaffneten Anschlag vorzubereiten, wie er behauptete. Die Gruppe habe den Bundestag vielmehr ausgespäht, um dort zu einem späteren Zeitpunkt Spitzenpolitiker zu Rede stellen zu wollen. Die Gruppe habe Hinweise gehabt, dass Regierungspolitiker Täter und Mitwisser eines vermeintlichen Kinderschänderrings seien.

Eder JVA-Interview

Es ist eine Verteidigungslinie, die Eders Anwälte möglicherweise auch im Prozess vorbringen wollen. Allerdings machte Eder im Interview mit dem stern einen entscheidenden Fehler: Minuten zuvor hatte er noch behauptet, im Oktober 2021 von dem vermeintlichen Kinderschänderring erfahren zu haben – also erst zwei Monate nach der Reichstagsbegehung. Auch die anderen Teilnehmer der Reichstagsbegehung, Birgit Malsack-Winkemann, Peter Wörner und Harald P., belastete Eder mit dieser Aussage schwer. Mit seinem Fehler konfrontiert reagierte Eder ausweichend und behauptete, das Ausspähen der Fluchtwege unter den Parlamentsgebäuden sei „eine völlig neutrale Erkundung“ gewesen, „weil es sich gerade ergab“. Zudem gebe es in Deutschland keinen Politiker, „der für einen Terroristen lohnenswert wäre, entführt oder getötet zu werden“.

Maximilian Eder räumt ein, bei Gründungstreffen der mutmaßlichen Terrorgruppe dabei gewesen zu sein

Im stern-Interview bestätigte Eder außerdem zentrale Punkte der Anklage des Generalbundesanwalts. Dieser wertet ein Treffen am 29. Juli 2021 als Gründungstreffen der mutmaßlichen Terrorvereinigung. Die sechs mutmaßlichen Teilnehmer sind als Gründer angeklagt. Eder gab zu, an der Zusammenkunft teilgenommen zu haben. Anlass des Treffens sei laut Eder die Corona- und Impfpolitik gewesen. „Es ging darum, dass der Staat aus unserer Sicht gegen die unveräußerlichen Grund- und Freiheitsrechte der Bürger entschieden und gehandelt hat.“

Der für die Zeit nach dem Putsch offenbar als Staatsoberhaupt vorgesehene Heinrich XIII. Prinz Reuß nahm nicht an dem Gründungstreffen teil. Eder sagte, „was die militärischen Fähigkeiten anbelangt“, seien Eder, der Ex-Elitesoldat Peter Wörner und der ehemalige Bundeswehr-Kommandeur Rüdiger von Pescatore das Kraftzentrum der Gruppe gewesen. Als politischer Ideengeber sei Reuß zumindest für Eder nicht interessant gewesen. „Ich hab‘ Prinz Reuß gebraucht als Geldgeber. Das war für mich das Wichtigste“, sagte Eder. Reuß habe ihm 50.000 Euro überlassen, „für die Aufklärung der satanisch-rituellen Pädophilie“. Eder bestritt, mit dem Geld Waffen bestellt zu haben – wie der Generalbundesanwalt ihm vorwirft. 

Das Interview mit dem stern fand am 29. April 2024 in der Justizvollzugsanstalt Landshut statt – gegen den ausdrücklichen Rat von Eders Strafverteidigern. Am 17. Mai 2024 las der stern Eder das verschriftlichte Interview am Telefon vor und klärte letzte Rückfragen. Eder gab das Interview im Wortlaut frei. Kein anderer der 26 angeklagten Terrorverdächtigen hat sich bislang in Medien selbst zu zentralen Vorwürfen geäußert.