Nach dem Tod des iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi bei einem Hubschrauberabsturz bereitet sich der Iran auf tagelange Trauerfeierlichkeiten vor. Das geistliche Oberhaupt Ayatollah Ali Chamenei rief am Montag eine fünftägige Staatstrauer aus. Die Führung in Teheran legte Ende Juni als Termin für die Wahl eines neuen Präsidenten fest. Der 63-jährige Raisi war am Sonntagnachmittag bei einem Hubschrauberabsturz im Nordwesten des Landes ums Leben gekommen.
Dem Iran steht nun eine Zeit innenpolitischer Unsicherheit bevor. Der Ultrakonservative Raisi galt als Favorit für die Nachfolge des geistlichen Oberhaupts Ayatollah Chamenei. Als eigentliche Nummer Eins an der Spitze des Iran übertrug der 85 Jahre alte Chamenei am Montag Raisis bisherigem Vize, dem 68-jährigen Mohammed Mochber, vorläufig die Staatsführung.
Auch ein Interims-Außenminister wurde ernannt, nachdem Amtsinhaber Hossein Amir-Abdollahian zusammen mit Raisi bei dem Absturz ums Leben gekommen war: Der bisherige Atom-Chefunterhändler Ali Bagheri wurde übergangsweise neuer Chefdiplomat des Landes, wie ein Regierungssprecher mitteilte. Unter Amir-Abdollahian hatte der 56-jährige Bagheri als Vize-Außenminister gedient.
Die Spitzen von Regierung, Parlament und Justiz legten den 28. Juni als Termin für die Präsidentenwahl fest, wie das Staatsfernsehen meldete. Ein Anwärter auf das Präsidentenamt zeichnete sich zunächst nicht ab.
Die Trauerfeierlichkeiten sollen am Dienstag beginnen, schon am Montag versammelten sich tausende Trauernde auf einem zentralen Platz in Teheran. Am Dienstagmorgen findet laut der staatlichen Nachrichtenagentur Irna eine Trauerzeremonie für Raisi und seine Begleiter in Täbris im Nordwesten des Landes statt, wohin ihre Leichen aus dem bergigen Absturzgebiet gebracht worden waren. Am Mittwoch findet in Teheran ein Trauerzug statt, gefolgt von einer Zeremonie in Raisis Heimatstadt Maschchad am Donnerstag.
Der Generalstabschef der iranischen Armee ordnete laut iranischen Medienberichten eine Untersuchung der Absturzursache an. Der staatliche Fernsehsender Irib hatte zuvor berichtet, dass der Hubschrauber bei Regen und dichtem Nebel gegen einen Berg geprallt und zerschellt sei.
Die Regierung in Teheran hatte am Montagmorgen nach stundenlanger Ungewissheit den Tod von Raisi bestätigt. Bei dem Absturz des Helikopters vom Typ Bell 212 gab es keine Überlebenden, neben Raisi und dem Außenminister starben sieben weitere Menschen.
Der Präsidentenhubschrauber war am Sonntagnachmittag bei dichtem Nebel und Regen in einem Berggebiet in der Gegend von Dscholfa in der iranischen Provinz Ost-Aserbaidschan verschollen. Raisi hatte zuvor in der Grenzregion gemeinsam mit Aserbaidschans Staatschef Ilhan Alijew ein Staudammprojekt eingeweiht.
Auf dem Rückflug landeten nur zwei der drei Hubschrauber der Präsidentenflotte in der Stadt Täbris. Ein riesiger Such- und Rettungseinsatz bei schlechtem Wetter und Nebel folgte. Zahlreiche ausländische Regierungen boten Unterstützung an, die EU stellte Satellitendaten bereit. Der Iran bat nach Angaben des Außenministeriums in Washington sogar die USA um Hilfe, diese hätten aber „aus logistischen Gründen“ nicht helfen können.
Erst bei Sonnenaufgang am Montag meldeten die Rettungskräfte schließlich den Fund des zerstörten Hubschrauers in dem unwegsamen Gelände. Auf Tragen wurden die neun Leichen aus dem Wald gebracht, wie das Staatsfernsehen zeigte.
Der ultrakonservative Raisi war seit 2021 Präsident des Iran. Während seiner Amtszeit erlebte das Land Massenproteste, die durch den Tod der jungen Kurdin Mahsa Amini im September 2022 ausgelöst wurden, eine durch US-Sanktionen verschärfte Wirtschaftskrise und eine gefährliche Konfrontation mit dem Erzfeind Israel, bei der Teheran im April erstmals hunderte Drohnen und Raketen von seinem Staatsgebiet aus auf Israel abschoss.
Zahlreiche Länder, aber auch militante pro-iranische Gruppen wie Hamas und Hisbollah, bekundeten am Montag ihr Beileid. Der russische Präsident Wladimir Putin würdigte Raisi als einen „herausragenden“ Politiker, er telefoniert laut Kreml mit dem neuen Interims-Präsidenten und beide „unterstrichen ihren Willen, die Zusammenarbeit weiterhin zu verstärken“.
Chinas Staatschef Xi Jinping sprach von einem „großen Verlust für das iranische Volk“. Die USA übermittelten ihr „offizielles Beileid“, das Weiße Haus hob zugleich hervor, dass „viel Blut“ an Raisis Händen klebte. Der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby, sagte, Raisi sei für „schreckliche“ Menschenrechtsverletzungen im Iran verantwortlich gewesen und habe etwa die radikalislamische Hamas unterstützt.
Der EU-Ratsvorsitzende Charles Michel erklärte sein „aufrichtiges Beileid“, ebenso der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell und die Nato. Der UN-Sicherheitsrat hielt eine Schweigeminute ab.