Kliniken und Kommunen in Deutschland suchen oft händeringend nach Ärztinnen und Ärzten. Da kommt es gelegen, dass die Bewerberzahlen aus dem Ausland zunehmen – aber es gibt ein Problem.
Ausländische Ärztinnen und Ärzte sollten aus Sicht der Bundesärztekammer schneller in Deutschland anerkannt werden. „Zweifelsohne besteht aufgrund des komplexen Anerkennungsverfahrens die Gefahr langer Wartezeiten oder Hängepartien“, sagte die Vizepräsidentin der Ärztekammer, Ellen Lundershausen, der dpa in Berlin.
Laut Bundesärztekammer erreichte die Zahl der Medizinerinnen und Mediziner ohne deutsche Staatsangehörigkeit Ende vergangenen Jahres mit knapp 64.000 bereits eine neue Höchstmarke. Dennoch werden Ärztinnen und Ärzte – auch aus dem Ausland – in vielen Regionen mit Ärztemangel weiter stark gesucht.
Lundershausen nannte die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Behörden, die für den Start eines ausländischen Arztes in Deutschland nötig sind, „sicherlich ausbaufähig“. Zugleich sei dies aber gar nicht der Kern des Problems. Vielmehr müsse jeweils individuell anhand einer Vielzahl von Dokumenten die Gleichwertigkeit des Medizinstudiums im Herkunftsland mit den Anforderungen in Deutschland überprüft werden.
„Die Anerkennungsverfahren ziehen sich in die Länge, wenn die Unterlagen nicht vollständig vorliegen oder die Personalressourcen in den Behörden eine schnelle Prüfung nicht zulassen.“
„Personalausstattung der Behörden hinkt hinterher“
Die Bundesländer – verantwortlich für die Anerkennung ausländischer Ärzte – können die Prüfung auf Gleichwertigkeit der Ausbildung an eine gemeinsame Gutachtenstelle geben, die eigens dafür in Bonn gegründet wurde. Deren Leiterin, Carola Dörfler, räumte ein: „Bei uns kann die Gleichwertigkeitsprüfung ein halbes Jahr, acht Monate oder in wenigen Fällen bis zu einem Jahr dauern.“
Vor allem der jüngste Anstieg bei den Bewerberzahlen aus der Türkei und der Ukraine habe zu einem Stau geführt. „Denn die Personalausstattung der Behörden hinkt der Entwicklung hinterher. Deshalb ist die Verfahrensdauer oft relativ lange“, sagte Dörfler der dpa. Oft liege es auch nicht an den Behörden – „etwa wenn Dokumente nachgereicht werden“.
Die Chefin der Mainzer Agentur „inmed personal“ für Unterstützung ausländischer Ärzten bei der Anerkennung, Elitsa Seidel, sagte: „Vermutlich liegen die langen Verfahren bis zur Anerkennung auch an den schlecht besetzten Ämtern.“ Manche Bewerberinnen und Bewerber gerieten zudem in einen Teufelskreis: „Die Kliniken brauchen Planungssicherheit und akzeptieren daher nur voll anerkannte Bewerber.“
Auf der anderen Seite verlangten die Approbationsbehörden in vielen Bundesländern einen Einstellungsnachweis. Das Argument dieser Behörden laut Seidel: Erst dann sind sie zuständig und bearbeiten einen Antrag auf Approbation überhaupt erst. „Das betrifft insbesondere Ärzte, die noch keinen Wohnsitz in Deutschland haben und die Approbation von ihrem Heimatland aus beantragen.“
„Brauchen dringend mehr Einheitlichkeit“
Die Bundesärztekammer, die Gutachtenstelle der Länder und die private Agentur forderten Vereinfachungen der Verfahren. „Heute müssen Antragsteller ihre Dokumente und ihre Ausbildung auf jeden Fall erst auf Gleichwertigkeit in Deutschland prüfen lassen“, erläuterte Gutachtenstelle-Chefin Dörfler. Dabei sei in den meisten Fällen schon vorher klar, dass diese reine Dokumenten-Überprüfung nicht ausreiche und sich die Bewerber persönlich einer Prüfung ihrer Kenntnisse unterziehen müssten.
„Wir wünschen uns, dass sie vorher wählen können“, sagte Dörfler. Wenn zum Beispiel bei einem Bewerber aus Damaskus schon vorher klar sei, dass er sich doch noch einer persönlichen Prüfung unterziehen müsse, dann solle sich so ein Bewerber die Gleichwertigkeitsprüfung sparen und sich besser gleich auf die persönliche Kenntnisprüfung konzentrieren und vorbereiten können. Dörfler: Den Behörden würde das eine Menge Arbeit einsparen.
Lundershausen sagte, die Abläufe der verschiedenen Akteure wie Botschaften und Anerkennungsbehörden würden sich scheinbar widersprechen. Sie regte an, die unterschiedlichen Verfahren auf Kompatibilität zu prüfen. „Aus Sicht des Antragstellers könnte es hilfreich sein, einen einheitlichen Ansprechpartner vorzusehen, also eine Stelle, die eine Zuweisung an die richtige Behörde in den Bundesländern übernehmen würde.“
Zudem könnte eine Prüfung analog zum deutschen 3. Staatsexamen dazu beitragen, die Gutachterverfahren zu verkürzen, so die Bundesärztekammer-Vizepräsidentin. Viele Approbationsbehörden nutzten dies bereits. „Eine gesetzliche Normierung dieses Vorgehens würde den Behörden eine größere Rechtssicherheit ermöglichen“. Agentur-Chefin Seidel forderte: „Wir brauchen dringend mehr Einheitlichkeit in den Standards.“