Steigende Preise: Wohnungsmarkt: Immobilien werden wieder gekauft

Der Wohnungsmarkt zieht wieder an. Vor allem Eigentumswohnungen in Metropolen sind bei Käufern gefragt. Die Nachfrage ist jetzt wieder größer als das Angebot. Für Käufer heißt das: Sie sollten sich beeilen.

Disclaimer Capital

Die Flaute am Immobilienmarkt ist vorüber, das belegen die Zahlen für das erste Quartal: Häuser und Wohnungen verkauften sich wieder deutlich besser und auch viel schneller als in den Monaten zuvor. Die Nachfrage stieg insgesamt nicht nur an, sondern sie ist inzwischen auch wieder größer als das Angebot. Das bedeutet: Der Überbestand an verkäuflichen Immobilien baut sich allmählich ab. Und selbst Ladenhüter finden jetzt wieder Abnehmer, also Immobilien, die zuvor sehr lange inseriert worden waren. Das zumindest ergab eine Auswertung der Immobilienplattform Immoscout24, die aktuelle Kaufgesuche mit der Zahl annoncierter Immobilien verglichen hat. 

Zusätzlich erfasste die Auswertung, wie lange die Inserate online standen, bevor sie als „verkauft“ vom Markt genommen wurden und stellt fest: Die Vermarktungsgeschwindigkeit hat sich deutlich erhöht. Die Käufer fackeln also nicht mehr lange, sondern werden sich schnell mit den Verkäufern einig.

Wohnungsmarkt in Metropolen zieht wieder an

Das heißt aber aus Käufersicht auch, dass die Preise jetzt wieder steigen. In fast allen Metropolen außer München und Köln zogen die Immobilienpreise wieder an, vermeldete auch der Baufinanzierer Interhyp. Um rund 0,3 Prozent legten die Preise in Frankfurt, Berlin und Stuttgart zu, in Hamburg sogar um rund 0,9 Prozent. Im Durchschnitt lassen sich Käufer ihr Wohneigentum derzeit rund 449.000 Euro kosten. Die überwiegende Zahl von ihnen ist Selbstnutze (70 Prozent). Kapitalanleger warten demnach immer noch ab.

Interessant ist auch, wo Häuser und Wohnungen derzeit gekauft werden: in den Metropolen sowie in deren Speckgürteln. Fast Zweidrittel aller bundesweiten Wohnungskäufe und rund die Hälfte der Hauskäufe finden in den größten Städten statt. Auf die übrigen Großstädte entfallen nur 14 Prozent der Wohnungskäufe und 10 Prozent der Hauskäufe. Wohnungen im ländlichen Raum sind weitaus weniger gefragt, Häuser schon eher. Für die große Flucht raus aufs Land, die viele durch Corona und den Trend zum Homeoffice kommen sahen, sprechen diese Zahlen nicht.Eric Weißmann Sylt Interview 0630

Häuser haben häufiger Sanierungsstau

Es liegt eher die Vermutung nahe, dass viele Käufer nur deshalb ein Einfamilienhaus auf dem Land erwerben, weil sie die Preise in den Ballungsräumen nicht mehr stemmen können. Denn sieht man sich den Zustand der Immobilien an, fällt auf: Vorwiegend Häuser mit schlechten Energieeffizienzklassen wechseln derzeit die Besitzer: 

Zweidrittel der verkauften Häuser haben die Effizienzklassen E bis H. Und nur sehr wenige Objekte sind mit den guten Klassen A oder B bewertet. Bei solchen Immobilien mit Sanierungsstau waren zuletzt auch die Preisabschläge am höchsten, vor allem wenn sie dann noch in ländlicher Umgebung lagen. Hier konnte man – verglichen mit den hohen Preisen auf dem Höchststand des Booms – das ein oder andere Schnäppchen machen, was sich aber vermutlich in den kommenden Jahren durch entsprechende Sanierungskosten wieder relativieren wird. 

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Wohnungen sind energetisch besser in Schuss

Der Großteil der verkauften Eigentumswohnungen dagegen – die sich ja eher im großstädtischen Raum befinden – ist energetisch erheblich besser aufgestellt: Die Hälfte der Wohnungen hat eine mittlere Energieklasse (C oder D), das ist ein deutlicher Unterschied zum Zustand der verkauften Häuser. Weitere 28 Prozent der Wohnungen rangieren in Klasse E oder F. Hier dürften die Sanierungskosten verhältnismäßig kleiner ausfallen. 

Um sich Wohnungen in den Metropolen dennoch leisten zu können, sparten viele Käufer offenbar eher an der Fläche: Zwei- bis Drei-Zimmer-Wohnungen mit 50 bis 80 Quadratmetern sind derzeit die am häufigsten vermittelten Objekte, sie machen 41 Prozent der verkauften Einheiten aus. Weitere 22 Prozent der vermittelten Eigentumswohnungen sind 80 bis 100 Quadratmeter groß.

Käufer finanzieren immer gewagter

Und es scheint nicht so, als könnten die Käufer die aufgerufenen Summen bereits locker stemmen. Oder als hätten arg gestiegene Löhne den jetzigen Nachfrageschub am Markt ausgelöst. Denn es fällt durchaus auf, dass Erstkäufer ihre Immobilien derzeit immer gewagter finanzieren: Die Darlehenssumme beträgt noch immer rund 300.000 Euro, ist also verhältnismäßig hoch. Aber die Beleihungsquote – also der Kreditanteil am Immobilienwert – hat ein Rekordhoch erreicht. Rund 89 Prozent des Kaufpreises müssen Erwerber zurzeit per Bankkredit finanzieren, weil sie eben nicht mehr Eigenkapital mitbringen. 

STERN PAID C+ So kommen Mieter doch noch zur eigenen Immobilie 18.06

Dagegen ist die Tilgungsquote auf einen Tiefstand gefallen, wie zuletzt 2011. Käufer wählen im Schnitt nur noch 1,65 Prozent Anfangstilgung. Das hält zwar die monatliche Rate klein und bedeutet bei knapp 3,4 Prozent Kreditzins für die zehnjährige Laufzeit (die Durchschnittskäufer derzeit wählen) rund 1250 Euro Rückzahlung pro Monat. Dafür aber beträgt die Restschuld in zehn Jahren, wenn der Kredit ausläuft noch immer beachtliche 240.00 Euro. Bei gleichbleibendem Zins wäre der Kredit damit erst in 33 Jahren getilgt.

… so ginge es besser:

Wer sich daher eine moderat höhere Rate von 100 Euro zusätzlich leisten kann, nämlich 1365 Euro, der sollte lieber so finanzieren: Den Vertrag mit 15 Jahren Zinsbindung abschließen. Das ergibt einen nur wenig höheren Sollzins von 3,5 Prozent, dafür aber fällt die Restschuld mit 180.000 Euro deutlich übersichtlicher aus, was die Gefahr bei der Anschlussfinanzierung stark minimiert. Und der Zeitraum bis zur Schuldenfreiheit verkürzt sich dadurch auf 29 Jahre. Das wäre der der bessere Deal – vorausgesetzt, man schafft es, schnell genug zu sein und den Zuschlag für das Wunschobjekt zu bekommen.