Damit hat vor drei Monaten niemand mehr gerechnet: Mainz 05 bleibt in der Bundesliga und braucht dafür nicht einmal die Relegation. Der Vater dieser Aufholjagd hat für alle nur einen Namen.
Christian Heidel arbeitet jetzt mit Unterbrechung seit 32 Jahren für den FSV Mainz 05. Und in einer der Sternstunden der Vereinsgeschichte wusste der Sportvorstand am Samstag genau, bei wem er sich bedanken musste.
An der einen Seite hielt er seine Tochter an der Hand, auf der anderen umarmte Heidel den Trainer Bo Henriksen, als sie nach dem 3:1 (1:1)-Sieg beim VfL Wolfsburg zu den jubelnden Fans vor die Gästekurve gingen. Die Mainzer feierten an diesem letzten Spieltag etwas, was noch vor drei Monaten kaum jemand für möglich gehalten hätte: den Verbleib in der Fußball-Bundesliga. Eine Rettung ohne Relegation. „Er war der entscheidende Punkt“, sagte Heidel über Henriksen. „Er ist halt ein besonderer Typ.“
Man kann das einfach in Zahlen ausdrücken: Als der dänische Trainer im Februar nach Mainz kam, waren die 05er Tabellenvorletzter und hatten neun Punkte Rückstand auf den rettenden 15. Platz. Mit dem emotionalen Henriksen an der Seitenlinie und in der Kabine aber verlor eine zuvor noch völlig verzagte und verunsicherte Mannschaft nur 2 von 13 Spielen. Der Sieg in Wolfsburg war bereits der neunte ungeschlagene Auftritt am Stück.
Der Sportdirektor erklärt das Phänomen Henriksen
Man kann aber auch Martin Schmidt bitten, das Phänomen Henriksen zu erklären – und dann sprudelt es aus dem Mainzer Sportdirektor nur so heraus. „Er war eine Energiequelle für die Mannschaft“, sagte der Schweizer in Wolfsburg mit einer Flasche Siegerbier in der Hosentasche. „Das Wort „Fucking brave“ (Verdammt mutig) habe ich, glaube ich, jeden Tag 50 Mal und in den 13 Wochen hunderttausendmal gehört. Fünf Minuten vor dem Spiel beginnt das Rumpelstilzchen in der Kabine, dann geht das ab. Er redet jeden Spieler positiv, er bringt die Energie in das Team. Das ist seine größte Stärke neben dem, dass er auch ein hervorragender Fußballlehrer ist. Es wird ihm nicht gerecht, wenn man sagt: Er ist nur ein Motivator.“
Ihre erfolgreiche Aufholjagd wollen die Mainzer nun am Sonntagnachmittag mit einer großen Nichtabstiegs-Feier an der Mewa Arena feiern. Bier, Bratwurst, Bühnenprogramm – für alles ist gesorgt. Vermutlich würde es reichen, einfach nur Henriksen ein Mikrofon in die Hand zu drücken. Und dann reißt er wie so oft in den vergangenen 13 Wochen wieder alle mit.
Was der Trainer im Fußball hasst
In der großen Jubeltraube vor den mehr als 3000 Mainzer Fans in Wolfsburg hielt sich der 49-Jährige zwar zunächst noch zurück. Zusammen mit seinen Assistenten ließ er sich in die hinterste Reihe dieses Festzugs aus Spielern, Trainern und Betreuern fallen und zog dort wie alle anderen das rote Klassenerhalts-T-Shirt mit der Aufschrift „Niemals aufgeben! Das ist Mainz“ über. Doch bei der folgenden Pressekonferenz in der Volkswagen Arena ging Henriksen noch einmal richtig aus sich heraus.
„Es gibt keinen Spieler, der absichtlich schlecht spielt. Es gibt keinen Spieler, der von sich aus nur ein Spiel von 21 gewinnen will“, sagte er über seine ersten Tage in Mainz. „Der Mannschaftsrat hat mir damals gesagt: Wir sind zu nett. Und das einzige Wort, das ich im Fußball hasse, ist: Nett sein. Du kannst nach dem Spiel nett sein und sonst im Leben immer nett sein. Aber nicht beim Fußball.“
Der Schlüssel sei für ihn gewesen: „Wir mussten den Spielern den Glauben zurückgeben. Im Fußball ist alles möglich, wenn du daran glaubst. Das siehst du an Leverkusen. Und auch bei uns waren die Spieler danach unglaublich, sie waren außergewöhnlich. In jedem Training!“
Wie Mainz den Klassenverbleib schafft
Das letzte Spiel war in gewisser Weise ein Spiegelbild dieser Saison. Mainz war nervös am Anfang und geriet durch Kevin Paredes verdient in Rückstand (18.). Erst ein schwerer Wolfsburger Fehler brachte den Ausgleich durch Brajan Gruda (24.) und dadurch den Mainzer Glauben zurück. Nach der Pause trafen noch Sepp van den Berg (72.) und Jonathan Burkardt (85.). Und der lange verletzte Stürmer Burkardt sagte hinterher: „Was da gerade alles abgefallen ist nach dem Schlusspfiff. In den letzten Monaten hatten wir gefühlte 850 Endspiele. Und jedes Wochenende mussten wir gewinnen.“
Am Ende nahm Heidel den Retter Henriksen in den Arm und erzählte noch einmal: „Als ich ihn kennenlernte, dachte ich: Wir waren schon viermal zusammen im Urlaub. Dabei hatte ich ihn gerade erst kennengelernt.“ Der Trainer sei „genau der Typ“, den der Club gebraucht habe. „Es hat einfach alles zusammengepasst.“
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